SASKIA RIEDELBAUCH. Haustiere können teuer sein. Immerzu muss man dafür sorgen, dass sie genug zu essen haben, mit ihnen zum Tierarzt gehen, wenn sie krank sind und versichern muss man sie in der Regel auch noch. Außerdem nehmen Haustiere in der Regel einen beachtlichen Teil der eigenen Freizeit für sich in Kauf. Mit Hunden sollte man regelmäßig spazieren gehen, Katzen wollen gestreichelt werden und wenn man ein Pferd besitzt, hat man sowieso keine Zeit mehr für anderes, so heißt es zumindest. Haustiere können einem ganz schön auf die Nerven gehen: die Katze springt auf den Esstisch beim Abendbrot, die Nagetiere halten einen nachts wach und Hunde knabbern gerne Sachen an, wenn’s sein muss auch mal die Hausaufgaben. Haustiere können ganz schön viel Dreck machen. Nicht nur, wenn sie ihre Notdurft spontan lieber auf dem Teppich verrichten. Sie hinterlassen ihre Haare auf jeglicher Art von Textil, los wird man diese vermutlich nie. Manchmal bringen sie sogar tote Nagetiere mit und legen sie vor die Haustür.
Fazit: Haustiere können unglaublich anstrengend, zeit- und kostenintensiv sein.
Doch gleichzeitig sind sie noch viel mehr. Sie sind einem treu ergeben, halten zu einem, auch wenn man mal einen schlechten Tag hat und jeder Mensch einem aus dem Weg geht. Sie mögen einen so, wie man ist. Egal ob man gerade top aussieht, oder mit fettigen Haaren in Jogginghose auf der Couch hängt. Sie geben die Möglichkeit, zu lieben, sich zu kümmern, Verantwortung zu übernehmen und daran zu wachsen. Nicht ohne Grund nennen viele den Hund den „besten Freund des Menschen“, denn die Liebe und Ergebenheit eines Hundes ist unbedingt, ganz anders als die der meisten Menschen. Doch nicht nur Hunde sind treue Gefährten und liebenswerte Haustiere, für manch einen ist eine Katze das richtige Haustier, für andere eine Ratte, ein Wellensittich, ein Kaninchen oder sogar eine Schlange. So gut wie jedes Kind wünscht sich ein Haustier und jene Menschen, die Haustiere haben, möchten diese Erfahrung nicht missen. Haustiere bereichern den Menschen auf viele Arten. Sie geben emotionale Unterstützung in schwierigen Situationen und halten einen auf Trab. Doch wie sieht es mit der menschlichen Gesundheit aus? Profitieren Menschen gesundheitlich davon, ein Haustier zu besitzen?
Körperliche Betätigung
Eins ist klar: Wer einen Hund besitzt, der sollte ihn regelmäßig ausführen, damit dieser sein Geschäft verrichten kann. Das hat natürlich auch Vorteile für den Gassi-Gänger, denn dies erhöht seine durchschnittliche physische Aktivität. Dass körperliche Fitness langfristig gesundheitliches Wohlergehen mit sich bringt, ist gut bestätigt.
Weniger Arztbesuche und kardiologische Erkrankungen von Haustierhaltern
Diejenigen, die ein Haustier besitzen, sind vermutlich weniger häufig krank. In einer einjährigen Studie mit 938 Krankenkassenpatient:innen zeigte sich, dass Haustierhalter weniger Besuche beim Arzt hatten (Siegel, 1990). Außerdem profitieren Haustierhalter bei Problemen mit dem Herzen. Der Risikofaktor für kardiologische Erkrankungen bei Haustierhaltern ist signifikant niedriger, als bei Menschen ohne Haustiere, besonders bei Männern (Anderson, Reid & Jennings, 1992). Eine weitere Studie ergab, dass Haustierhalter:innen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit haben, ein Jahr nach einer Herzattacke am Leben zu sein als Nicht-Tierhalter:innen (Friedmann, Katcher, Lynch & Thomas, 1980). All das klingt bereits sehr vielversprechend. Doch wie sieht es mit anderen gesundheitlichen Angelegenheiten aus?
Der Einfluss von (Haus-)Tieren auf den menschlichen Blutdruck
Tiere können den menschlichen Blutdruck senken. Dies besagte die Studie von Vormbrock & Grossberg (1988), in der junge, gesunde Erwachsene entweder ein Gespräch mit dem Versuchsleiter hatten, einen Hund zu streichelten oder sich auszuruhen konnten. Der Blutdruck der Proband:innen war in den letzten beiden Bedingungen signifikant niedriger, was dafür sprechen könnte, dass Hunde positiven Einfluss auf den menschlichen Blutdruck haben können, zumindest im Vergleich zu Menschen. Eine weitere Studie zeigte, dass sich der arterielle Blutdruck sowie die Herzfrequenz von Kindern in Anwesenheit eines unbekannten Hundes verringerten, wenn sie Gedichte vorlasen (Friedmann, Katcher, Thomas, Lynch & Messent, 1983). Diese physiologischen Auswirkungen sprechen für den beruhigenden Effekt, den Hunde auf viele Menschen haben.
Dass das Hinzufügen eines Haustieres zum sozialen Umfeld sogar Stressreaktionen verändern, zeigte sich ebenfalls in einer Studie von Allen, Shykoff & Izzo (2001), in welcher alleinlebende Börsenmakler:innen, die ihre Arbeit als sehr stressig beschrieben, teilnahmen. Die Hälfte der Proband:innen wurde zufällig dazu ausgewählt, eine Katze oder einen Hund aus einem Tierheim zu adoptieren. Es zeigte sich, dass die Haustierhalter in einer stressreichen Situation Blutdruckanstiege aufwiesen, die weniger als die Hälfte des Anstieges der anderen Proband:innen ohne Haustiere maßen. Dieser Befund lässt die Schlussfolgerung zu, dass Haustiere Stress entgegen wirken können.
Aufspürer von Krankheiten
Bei Krebserkrankungen ist die Früherkennung zentral für die medizinische Behandlung. Mehrfach wurden Fälle berichtet, in denen Hunde die Krebserkrankung ihrer Besitzer:innen erkannten. Zum Beispiel berichteten Williams und Pembroke (1989), dass ein Mischlingshund beharrlich an einem Leberfleck am Bein seines Besitzers schnupperte, welcher sich später als bösartig entpuppte. Mit dem Wissen, dass manche Hunde in der Lage sind, den Geruch menschlicher Krebserkrankung zu detektieren, wurden experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Diese zielten darauf ab, herauszufinden, ob Hunde dazu trainiert werden können, Krebserkrankungen zu erkennen. Willis und Kollegen (2004) trainierten 6 Hunde und erreichten schließlich eine Erfolgsrate von 41% Detektion bei der Erkennung von Urinproben von Patient:innen mit Blasenkrebs. Andere Forschende schafften es, mehrere Hunde so zu trainieren, dass sie in der Lage waren, korrekt und zuverlässig Gerüche von Lungen- und Brustkrebs zu identifizieren (McCulloch et al., 2006).
Epileptische Anfälle sind oft nur schwer vorhersagbar, dies ist ein großes Problem, da sie ernsthafte Schäden hinterlassen können. Für das soziale Umfeld eines Betroffenen ist es äußerst schwer, Hinweise zu erkennen, ebenso für die Betroffenen selbst im Vorhinein. Es wurde herausgefunden, dass Hunde den Beginn von epileptischen Anfällen vorhersagen und dafür trainiert werden können (Brown & Strong, 2001). Wie genau Hunde dies erkennen können, ist noch unklar, es wird vermutet, dass Hunde mehrere Informationsquellen nutzen, wie bestimmte Gerüche und auch visuelle Signale. Wie zuverlässig Hunde in der Vorhersage von epileptischen Anfällen sind, ist noch nicht sicher. Es gibt unter anderem auch Studien, die diese Fähigkeit der Vorhersage von epileptischen Anfällen infrage stellen. Ein Befund von Ortiz und Kollegen (2005) lieferte Ergebnisse, die dafür sprechen, dass jene trainierten Hunde höchst unzuverlässige Angaben machen. Weitere Untersuchungen mit größeren Stichproben sind notwendig.
Einsamkeit und Depression
Viele Haustierhalter:innen entwickeln eine starke Bindung zu ihrem Haustier und betrachten es als Teil der Familie. Diese Bindung kann die psychische Gesundheit des Menschen verbessern, welche wiederum Einfluss auf die körperliche Gesundheit hat. Die gesundheitlichen Vorteile könnten ebenso zurückzuführen sein auf die soziale Unterstützung, die Haustiere ihre Halter:innen bieten. Soziale Unterstützung ist bedeutend für die Befriedigung der Grundbedürfnisse nach Zugehörigkeit, Wertschätzung und emotionaler Sicherheit und kann außerdem als Puffer für ungünstige Belastungen und Stress fungieren (Hermann, C. (2016). Soziale Unterstützung. In M. A. Wirtz (Hrsg.), Dorsch – Lexikon der Psychologie. Abgerufen am 30.10.2016, von https://portal.hogrefe.com/dorsch/soziale-unterstuetzung/).
Verschiedene Studien zeigten, dass das Halten eines Haustieres Gefühle von Einsamkeit und Isolation reduzieren. Ebenso wurde von mehreren Autor:innen hervorgehoben, dass es eine positive Beziehung zwischen Haustierhaltung und der Reduktion von Depression gibt. Zum Beispiel berichteten männliche AIDS-Infizierte, die Haustiere besaßen, weniger Depression als diejenigen, die kein Tier besaßen. Besonders hier diejenigen mit einer schwachen sozial unterstützenden Umwelt (Siegel, Angulo, Detels, Wesch & Mullen, 1999). Andere Studien zeigten den gleichen Effekt für ältere Menschen.
Zwischenmenschliche Beziehungen
Haustiere haben ebenfalls einen Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen. Sie können das Objekt gemeinsamen Interesses einer Familie darstellen und somit die Kommunikation der Familienmitglieder verbessern (Serpell, 1996). Im grauen Krankenhausalltag können Haustiere bedeutende Unterschiede für Patient:innen und Angestellte machen, indem sie positive Emotionen hervorrufen (Haggard, 1985). Ebenso fanden mehrere Studien positive Effekte von Tieren auf Menschen in Seniorenheimen.
Jede:r Hundebesitzer:in kennt es wohl, von Fremden um Erlaubnis gebeten zu werden, ihren Hund zu streicheln. Deshalb ist es nicht überraschend, dass Hundebesitzer:innen bedeutend öfter in Konversationen mit Fremden verwickelt werden (McNicholas & Collins, 2000; Wells, 2004). Also reduzieren die Tiere nicht nur selbst die erlebte Einsamkeit, sondern helfen ihren Halter:innen auch dabei, soziale Kontakte zu knüpfen und Kontakt mit ihren Mitmenschen aufzubauen.
Tiergestützte Therapie
„Basis der tiergestützten Therapie ist die Beziehungs- und Prozessgestaltung im Beziehungsdreieck Klient:in – Tier – Bezugsperson. Tiergestützte Therapie beinhaltet Methoden, bei denen Klient:innen mit Tieren interagieren, über Tiere kommunizieren oder für Tiere tätig sind.“ (Wohlfarth, R., & Widder, H. (2011). Zur Diskussion: Tiergestützte Therapie–Eine Definition.) Die Tiergestützte Therapie ist noch keine Therapiemethode, die als eigenständig bezeichnet werden kann, da sie abhängig ist von therapeutischen, pflegerischen oder pädagogischen Arbeitsgebieten und darin eingebunden werden muss.
Tiergestützte Therapie erwies sich zum Beispiel bei dementiell erkrankten Patient:innen als förderlich für Kommunikation, Aktivität und Stimmung (Püllen et al., 2013). Andere Forschungsergebnisse legen nahe, dass delfingestützte Therapie positive Veränderungen mit sich bringt, die die Bereiche „Intelligenz, Konzentration, Motorik, prosoziales Verhalten, emotionaler Stress, Kommunikation“ (Lämmermann, N. (2013). Evaluation der Wirksamkeit der delfingestützten Therapie (Doctoral dissertation, lmu).) und verschiedene Fertigkeitenbereiche betreffen, wobei zu betonen ist, dass sich der Effekt eher global als spezifisch zeigte. In einer Studie, die die Effekte von tiergestützter Therapie auf die Bewertung von Angst von hospitalisierten psychiatrischen Patient:innen untersuchte, fand man heraus, dass die tiergestützte Therapie mit reduzierter Zustandsangst einherging (Barker & Dawson, 1998).
Die Tiergestützte Therapie steckt noch in ihren Kinderschuhen und bedarf weiterer Standardisierung und wissenschaftlicher Überprüfung ihrer Wirksamkeit. Allerdings stellt sie eine aussichtsreiche Therapiealternative dar.
Kritik
Inwiefern die Ergebnisse der zahlreichen Studien generalisierbar sind, bleibt fragwürdig. Die Ergebnisse können von vielen weiteren Faktoren abhängen. Zum Beispiel wäre es möglich, dass sich Haustierhalter:innen in verschiedenen Aspekten grundlegend von anderen Menschen unterscheiden und dass die gesundheitlichen Vorteile eher darauf zurückzuführen sein könnten. Vermutlich könnten einzelne der dargestellten Studien nicht repliziert werden und andere werden von Studien mit gegensätzlichen Ergebnissen sogar infrage gestellt. Die dargestellten Studien legen ihren Fokus lediglich auf die positiven gesundheitlichen Effekte von Haustieren, die möglichen negativen Auswirkungen werden hierbei vernachlässigt. Zum Beispiel der Einfluss des Todes eines geliebten Haustieres auf den Menschen, könnte wissenschaftlich näher untersucht werden.
Fazit
Dennoch steht fest: Haustiere wirken sich positiv auf eine Vielzahl von Menschen aus. Sie können das momentane Wohlbefinden von Menschen positiv beeinflussen, auch, wenn die langfristigen gesundheitlichen Vorteile vielleicht nicht eindeutig auf sie zurückzuführen sind. Wer sich dazu entscheidet, sich ein Haustier anzuschaffen, sollte sich darauf einstellen, Verantwortung zu übernehmen. Viel Zeit und Geduld, vor allem anfangs, sollte mitgebracht werden. Doch die Anstrengungen und Bemühungen zahlen sich aus, denn die Tiere geben einem sehr viel zurück. Sei es soziale Unterstützung, die Ermunterung zur Bewegung, die Anregung der zwischenmenschlichen Kommunikation, erhöhtes Wohlbefinden und vielleicht sogar auch Vorteile für die Gesundheit.
Literaturquellen
[1] Allen, K. (2003). Are pets a healthy pleasure? The influence of pets on blood pressure. Current Directions in Psychological Science, 12(6), 236-239.
[2] Barker, S. B., & Dawson, K. S. (1998). The effects of animal-assisted therapy on anxiety ratings of hospitalized psychiatric patients. Psychiatric services, 49(6), 797-801.
[3] Brasić, J. R. (1998). Pets and health. Psychological Reports, 83(3), 1011-1024.
[4] Lämmermann, N. (2013). Evaluation der Wirksamkeit der delfingestützten Therapie (Doctoral dissertation, lmu).
[5] Ortiz, R., & Liporace, J. (2005). “Seizure-alert dogs”: Observations from an inpatient video/EEG unit. Epilepsy & Behavior, 6(4), 620-622.
[6] Püllen, P. D. R., Coy, M., Hunger, B., Koetter, G., Spate, M., & Richter, A. (2013). Tiergestützte Therapie im Demenzbereich eines Akutkrankenhauses. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 46(3), 233-236.
[7] Wells, D. L. (2009). The effects of animals on human health and well‐being. Journal of social issues, 65(3), 523-543.
[8] Wohlfarth, R., & Widder, H. (2011). Zur Diskussion: Tiergestützte Therapie–Eine Definition.)