PAULA BÖHLMANN
Hallo, mein Kind.
Schön, dass du dich meldest.
Ja, ich weiß, du hattest viel zu tun.
Das kann ich verstehen. Ehrlich, ich weiß.
Aber mein Kind, wir müssen reden.
Weitergehen kann es so nicht.
Ich habe geschwiegen.
Geschwiegen so lange.
Doch nun schreibe ich dir dieses Gedicht.
Du lebst auf meine Kosten
Und das schon seit Jahren.
du nimmst und nimmst und gibst nichts zurück.
Du zerstörst meine Kunst und raubst mir die Güter.
Höre mich an! Nur einen Augenblick!
Ich sehe dich und meine anderen Kinder.
Es zerreißt mir immer aufs Neue das Herz.
Deine Freude, dein Besitz, dein Spielzeug
Ihr Wille?
Er bedeutet dir rein gar nichts, ihr Schmerz.
Ich weiß, ich bin alt und spießig.
Meine Grenzen starr und längst überholt.
Ich verstehe, dass du dich wehrst.
Ich halt dich am Boden.
Während du viel mehr die Lüfte begehrst.
Doch Kind, ich muss dich enttäuschen.
Man bekommt nicht immer das, was man will.
Ich habe geschwiegen.
Geschwiegen so lange.
Ab jetzt bin ich nicht mehr still.
Ich höre dich reden.
Oh nein, Mutter ist krank.
Sollten wir etwas für sie tun?
Quatsch, so launisch war sie schon immer.
Wer ist die schon, gegen das Wirtschaftswachstum?
Ich habe Fieber.
Doch bald wirst du sehen.
Es bin nicht ich, die daran zugrunde geht.
Ich werde leben. Du wirst dran sterben.
Ich werde mich einfach weiterdrehen.
Ich weiß, du willst leben.
Genießen und Reichtum.
Ich versteh das, ehrlich mein Kind.
Doch zeig endlich Rücksicht und auch etwas Reue.
Sonst spürst du meinen Gegenwind.
Ich gönne dir gar nichts?
Ich gönne dir alles.
Du hast es dir so hart verdient.
Die Dürren, die Stürme, die Fluten, die Feuer.
Sind dein Werk und der Beginn deines Falles.
Du bist nur eins meiner Kinder,
das haust wie ein Monster
und bald schon um Erbarmen fleht.
Doch manchmal glaube ich, dass es mir, Mutter Erde,
ohne dich, mein Menschenkind, deutlich besser geht!