„Morgen greife ich wieder an …“

CHRISTIAN ENGELSCHALT. Die Situation in der Massentierhaltung und beim Fischfang ist bekannt, etwa 90% der Deutschen sprechen sich in Umfragen gegen die leidvollen Zustände aus. Viele Leute wissen auch um die daraus folgenden Schäden an Klima und menschlicher Gesundheit über die Schmerzen der Tiere hinaus. (Gülle belastet das Trinkwasser und antibiotikaresistente Bakterien führen zu Todesfällen bei geschwächten Personen.) Das und die Subventionen sind auch ein ökonomischer Fehlschlag.

I. „TEAR DOWN THESE JAILS?!“ – SIND TIERE IM VERGLEICH ZU MENSCHEN ÜBERHAUPT WICHTIG?

Die Situation in der Massentierhaltung und beim Fischfang ist bekannt, etwa 90% der Deutschen sprechen sich in Umfragen gegen die leidvollen Zustände aus. Viele Leute wissen auch um die daraus folgenden Schäden an Klima und menschlicher Gesundheit über die Schmerzen der Tiere hinaus. (Gülle belastet das Trinkwasser und antibiotikaresistente Bakterien führen zu Todesfällen bei geschwächten Personen.) Das und die Subventionen sind auch ein ökonomischer Fehlschlag.

Thank you disillusionment!

Alanis Morissette
Weniger geläufig neben den Bildern von Hühnern, Schweinen und Rindern ist, dass in der EU auch über 100 Millionen Kaninchen in engen Drahtkäfigen leiden. Weitere Arten sind betroffen. Die vom Tierschutzgesetz geforderte Betäubung beim Schlachten scheitert schon allein aufgrund des Zeitdrucks bei einem beträchtlichen Teil – und der Tod z.B. von Rindern erst in der Weiterverarbeitung ist damit qualvoll, ich erspare die kaum vorstellbaren Details. Einen Überblick über die Tierhaltungsindustrie gibt der Film „Dominion“ (2018).

Die angesichts der geschilderten Zustände gewählte Zwischenüberschrift ist angelehnt an Ronald Reagans Satz „Tear down this wall!“, mit dem er 1987 den Fall der Berliner Mauer forderte. Ich kann dem ehemaligen US-Präsidenten allerdings abgesehen von seiner Begeisterungsfähigkeit politisch nur wenig abgewinnen. Sein Selbstvertrauen ist dabei kein Privileg von Männern, um Einseitigkeit für diesen Artikel vorzubeugen. Die große Überschrift „Wenn ich heute nicht erfolgreich bin, greife ich morgen wieder an!“ stammt von der Astronomin und Mathematikerin Mary Somerville (1780-1872). Tierische Produkte sind bei vollwertiger (!) pflanzlicher Ernährung plus Einnahme von Vitamin B12 und ggf. anderen Stoffen für Menschen vollständig entbehrlich (ausführlich in Rittenau, 2018). Vitamin B12 wurde 1948 entdeckt und steht seit den 1950ern zur Verfügung. Die Massentierhaltung hat sich hingegen seitdem in wichtigen Punkten verschärft. (…) Eventuell könnte in den kommenden Jahren im Labor erzeugtes Fleisch so billig werden, dass es die Massentierhaltung verdrängt und auch weniger umwelt- und klimaschädlich ist.

Auch wenn ich vermute, dass Tierethik vielen ein Begriff ist, gehe ich kurz darauf ein. Es gibt genauer gesagt viele Tierethiken verschiedener Denkrichtungen und Autor:innen. Die drei Hauptrichtungen der Ethik allgemein sind die deontologische Ethik (nach Kant sind Moral und die Absicht des Handelns ist wichtig), die Tugendethik von Maß und Mitte (Aristoteles) und die utilitaristische Ethik der Beurteilung von Handlungen oder Verhaltensregeln nach ihren Folgen. Die tierethischen Anwendungen aller drei Strömungen fordern inzwischen eine grundlegende Aufwertung von mindestens Wirbeltieren und Kopffüßern wie dem Oktopus („animal turn“ der Philosophie in den letzten Jahrzehnten). Genaueres steht in den Literaturempfehlungen, einen spannenden Überblick findet ihr im Comic „Tierethik …“ von Julia Kockel und Oliver Hahn.

Jetzt einige Details: Die kognitiven Fähigkeiten von z.B. einige Monate alten Schweinen übersteigen die von menschlichen Säuglingen und liegen in vielen Punkten eher bei denen von 2 bis 3-jährigen Kleinkindern. Die Leidensfähigkeit der genannten erscheint aus der zusammenfassenden Sicht auf alle wissenschaftlichen Untersuchungen hinreichend vergleichbar. Auch bei Menschen können (leidvolle) Emotionen ohne Kognition (also ohne explizierbare Gedanken) auftreten (z.B. LeDoux, 1995). Die Leidensfähigkeit bzw. das Erleben von Schmerzen und leidvollen Emotionen ist dabei aus Sicht der meisten Ethiken das Entscheidende, nicht die (kognitiven) Fähigkeiten.

Bei Menschen schützt das deutsche Recht daher verkürzt gesagt vorgeburtliches Leben ab 12 Wochen, dann ist ein Schwangerschaftsabbruch nur noch in Ausnahmen erlaubt. Menschliche Säuglinge genießen glücklicherweise Rechte, müssen aber keine Pflichten erfüllen, was aus Sicht der Tierethiken vorbildhaft für den Rechtsstatus von z.B. Wirbeltieren im Einflussbereich von Menschen sein kann. (…)

Selbst wenn nicht zwingend alle Individuen in der Massentierhaltung unterschiedslos leiden müssen, ist der Anteil derer, die extremem Leiden ausgesetzt sind, dabei sehr hoch. Da die verschiedenen Tierethiken an Individuen ansetzen, scheint auch die Rechtsnormverletzung bereits bei einem oder wenigen Individuen nicht hinnehmbar. Wie u.a. in Tierethikbüchern nachgelesen werden kann, ist derzeit die kommerzielle Biohaltung keine sinnvolle Alternative, da sie nicht halten kann, was sie für die Tiere verspricht. Die meisten tierethischen Ansätze legen ein komplettes Ende von Tierhaltung (auch in Biohöfen) für ökonomische Ausbeutung nahe und kritisieren den derzeitigen Status insbesondere der so genannten Nutztiere, Eigentum von Menschen oder deren Firmen sein zu können. (…)

Der Begriff „Tiere“ als Gegenpol zu Menschen selbst ist problematisch, da damit so unterschiedliche Spezies wie Rinder und Ameisen unter eine vermeintliche Gemeinsamkeit gefasst werden, die im Gegensatz zu Menschen stehen soll. Sprachwissenschaftler:innen kritisieren das als einen Ausgangspunkt der Gewalt gegen viele Tierarten.

Literaturtipp: Haben Tiere Rechte? Download auf bpb.de

II. WAS HAT TIERETHIK MIT DEM GESETZ ZU TUN?

Aus Sicht der meisten Vertreter:innen ist es unumgänglich, die zentralen tierethischen Positionen zu geltendem Recht zu erklären. Ethik an sich ist zwar logisch nicht beweisbar, allerdings sind schon die zentralen humanethischen Positionen für die meisten Menschen kaum abweisbar: Wer nicht selbst von Übergriffen betroffen sein will, sollte sich an eine Ethik im Sinne der „Goldenen Regel“ halten: Was ich von anderen nicht erleiden will, sollte ich diesen auch nicht zufügen. Dazu gibt es zwar Einschränkungen und strittige Punkte in Details, aber im Groben ist es unvermeidbar für Menschen, die Leiden und Schmerz aus dem Wege gehen wollen. Das sind natürlich keinesfalls alle Menschen, wie einige Menschen mit psychopathischen Zügen zeigen, die kaum Angst vor Bestrafung und zukünftigen Schmerzen haben, aber eben die überwältigende Mehrheit.

Nun sieht es im Jahr 2020 nicht so aus, als ob die wichtigsten tierethischen Positionen in nächster Zeit zu Gesetzen in Deutschland werden. Was wäre daher schon bei konsequenter Nutzung des bestehenden Rechts möglich? Wo könnte man im bisherigen Recht andere Auslegungen erreichen?

Zuerst: Die Rechtsprechung der Bundesrepublik war von den 1950ern bis heute beträchtlichen Wandlungen in der Auslegung unterworfen. (…) Im deutschen Recht gibt es ein Tierschutzgesetz, das ethische Veganer*innen sehr missbilligen. Dieses zielt zwar allgemein auf das Wohlbefinden von Tieren ab, erlaubt aber, dann Tieren Schmerz und Leiden zuzufügen, „wenn es dafür einen vernünftigen Grund gibt“. Damit wird in den weiteren Details des Gesetzes die Massentierhaltung gerechtfertigt, weil hier fast jede Begründung als sinnvoll dargestellt wird. (…)

Das Wort „vernünftig“ wird allerdings auch in anderen Rechtskontexten als bei „Nutztieren“ verwendet. Dort scheint die Verwendung wesentlich strenger zu sein. Nach meinem Eindruck wird dann „vernünftig“ im Falle von Dilemmata eher im Sinne einer Rechtsgüterabwägung verwendet, d.h. höhere Rechtsgüter wie menschliches Leben werden über ökonomische Interessen gestellt. Die banalere Verwendung von „vernünftig“ mag es zum Beispiel beim Bundesrechnungshof geben: Wenn ein einfaches Haus für die Stadtverwaltung ausreicht, muss es kein Luxusanwesen werden. Straßen müssen nicht in einem Monat baulich saniert werden, wenn im nächsten Monat noch Wasser- und Medienleitungen verlegt werden sollen und sie dafür erneut aufgegraben werden. Luxusbegehren gelten in anderen Rechtskontexten als unter vernünftiger Betrachtung nachrangig. (Da in jeder Hinsicht entbehrlich, befriedigen auch tierische Produkte ein Luxusbegehren.) Die Schäden der Massentierhaltung an Klima, Gesundheit und Finanzen der öffentlichen Haushalte sollten ebenfalls genügen, das Wort „vernünftig“ im Tierschutzgesetz zukünftig anders auszulegen.

Gleichzeitig würde auch das jetzige Gesetz bereits ermöglichen, das Leid von so genannten Nutztieren höher zu bewerten und strengere Schutzvorschriften zu erlassen und durchzusetzen, da Leiden vom Recht eigentlich über vermeintlich ökonomische Interessen gestellt wird. Würden außerdem anspruchsvolle Schutzbestimmungen für alle gelten und durchgesetzt werden, ist ja auch kein Anbieter per se im Nachteil. Das Preisniveau wäre nur um ein Mehrfaches höher. Auch damit sind Geschäftsmodelle mit Gewinnerzielung möglich. Die eben genannten Punkte würden für Gerichte allerdings vermutlich bedeuten, einige Unterpunkte des Tierschutzgesetzes aufgrund geänderter Sachlage für obsolet zu erklären. Das deutsche Recht lässt so etwas prinzipiell zu. Es kommt manchmal vor, dass Details von Gesetzen gekippt werden, wenn sie dem allgemeineren Ziel bzw. der Präambel des Gesetzes zuwiderlaufen (s.a. Paefgen & Raspé, 2019). (…)

Wie spätestens die Corona-Pandemie indirekt gezeigt hat, können Einfuhren von Anbietern, die die Schutzvorschriften unterlaufen wollen, sehr wohl an den Grenzen zurückgehalten werden. Dieses Problem ähnelt der Bekämpfung der Dumping-Produktion auch in anderen Bereichen, z.B. beim Import von Kleidung, die unter extrem schlechten Arbeitsbedingungen z.B. in Pakistan bzw. in den Baumwollanbaugebieten (Schäden und Tote durch Pflanzenschutzgifte) hergestellt wurde. Durch Kontrolle der Produktions- und Lieferketten inklusive des Großhandels könnte man das verändern.

Exkurs: Warum sind Umbrüche im Recht mehr als Träumereien der Tierethikszene?
Die realistische Möglichkeit, das Recht und seine Anwendung geradezu revolutionär zu ändern, entsteht u.a. durch folgendes Szenario: Der Anteil der (Massen)Tierhaltung am Ausstoß aller Treibhausgase auf der Welt beträgt mindestens ein Viertel, wenn man die indirekten Emissionen einbezieht. Wenn die Bekämpfung der Erderwärmung in nächster Zeit dringlich wird, brauchen Regierungen sehr schnell Erfolge. Eine Umsteuerung des Ernährungsverhaltens weg von tierischen Produkten liegt dabei besonders nahe, weil sie relativ rasch und günstig zu erreichen wäre. Mit dem Verblassen der wirtschaftlichen Bedeutung würde aber auch der politische und gesellschaftliche Einfluss der Massentierhaltungslobby sinken. Auch wegen ihres schlechten Images würden dann Verwaltungen, Parlamente und Rechtsprechung ihre schützende Hand von der Nutztierbranche nehmen. Eine effektive Ahndung von Rechtsverstößen würde beginnen, auch von schon vergangenen. Sie würde auch durch die Versuchung getrieben, sich damit zu profilieren. Die Tür für die Übernahme ins Recht stünde der Tierethik weit offen, sie wäre nicht mehr nur das Wunschdenken von Weltverbesserern.

III „NICHT RACHE, NEIN RENTE …“ (WOLF BIERMANN)

Man könnte beim Thema Massentierhaltung anders auf die jetzige Rechtsprechung, Politik und geringen Spielraum von Kontrollen schauen und behaupten, dass derzeit Rechtsbeugung (nur teilweise deckungsgleich mit dem entsprechenden Paragraphen) betrieben wird. Damit wären Verwaltungsakte und Urteile noch im Nachhinein anfechtbar.

Dann wären auch die durch die Massentierhaltung angehäuften Gewinne bei einigen Firmen und Privatpersonen von der Staatskasse einzuziehen. Wichtig ist, dass es dabei eine Grenze an verbleibendem Vermögen geben muss, z. B. 100000 Euro und ein eigenes kleines Haus, weil sonst das genannte Vorgehen missbraucht werden könnte, um Leute privat und politisch von der Teilhabe an der Gesellschaft auszuschließen, wofür Diktaturen unrühmliche Beispiele geliefert haben. Aus dem gleichen Grund sollte man auf langjährige Haftstrafen aufgrund der Massentierhaltung verzichten, wenn über diese in Zukunft vom Rechtsstaat rückschauend geurteilt werden sollte, das Tierschutzgesetz sieht maximal 3 Jahre vor.

Diese Vorwegnahmen der Zukunft könnten jetzt schon von Tierrechtsgruppen medial verbreitet werden. Natürlich wäre der Sache kaum gedient, wenn alles eben Gesagte jetzt im Jahr 2020 nur Abwehr oder Selbstabwertung bei den Angesprochenen hervorrufen würde. Es soll Bewegung bringen.

Ebenso wie vielen Ethiken liegen auch mir Kategorien von Gut und Böse fern. In Anlehnung an Hannah Arendt sind die Motive für menschliche Misshandlungen von „Nutztieren“ letztendlich banal. Das Wichtige ist, wie das Leid vor allem für die „Nutztiere“ möglichst rasch beendet werden kann. Moralische Vorhaltungen sind praktisch ungeeignet. Diese Aussagen sind wichtig, wenn in diesem Artikel auch von Rechtsbeugung und Straf- und Zivilrecht die Rede ist.

Zusätzlich bringt das seit 1945 entwickelte Völkerrecht den Gedanken eines Kernbestands von Verbrechen, die immer strafbar sind, selbst wenn ein Staat das nicht umsetzt oder mit von außen betrachtet „nichtigen“ Paragraphen verhindern will (siehe Quellen im Anhang). Auch die Rechtsprechung der BRD bekennt sich zu solchem „überpositiven Recht“. Und grundgesetzwidrige Gesetze sind wegen der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus automatisch nichtig (beides König, 2016). Ebenfalls wird auf systematische Gewalttaten verwiesen, die auch außerhalb des betreffenden Staates niemanden gleichgültig lassen können, so dass eine Intervention für legitim bzw. legal erklärt wird (sinngemäß im Wikipedia-Artikel zum Völkerrecht). Diese muss natürlich verhältnismäßig sein. Im Moment mag das hinsichtlich Tierrechten vor allem darin bestehen, Staaten überall auf der Welt auf die möglichen späteren Konsequenzen von auf ihrem Gebiet so genannten Nutztieren zugefügtem extremen Leid hinzuweisen.

Noch einmal die Begründung zur Anlehnung an das Völkerrecht: Da es zwischen Menschen und z.B. „Nutztieren“ aus wissenschaftlicher Sicht nur graduelle Unterschiede und eine vergleichbare Leidensfähigkeit der Tiere mindestens mit Säuglingen oder noch Ungeborenen gibt, sollte das Völkerrecht bei diesen „Nutztieren“ in angepasster Form Anwendung finden. Überschneidungen anderer Tierarten mit der Spezies Mensch sollten auch gleiche Rechte im Überschneidungsbereich begründen. Das anthropozentrische Überschneidungsargument ist dabei nur ein Hilfsmittel, weil es tierethisch nicht notwendig für die Gewährung von Rechten ist.

Wie schon oben erwähnt, könnte die Ankündigung von späteren rechtlichen Schritten auch zur Zementierung der heutigen Verhältnisse führen, wenn die Akteure der Massentierhaltung dadurch eine Abwehrhaltung einnehmen würden. Das Problem stellt sich ähnlich aber auch dem Völkerstrafrecht, wenn es heute Gerichtsverfahren ankündigt, für die die betroffenen Personen erst einmal von ihren Machtpositionen abgelöst und dem internationalen Gerichtshof überstellt werden müssen. Die schwierig zu klärende Frage ist, ob sie in Aussicht eines Verfahrens bis zu ihrer Ablösung eventuell sogar mehr Verbrechen begehen. Tierethisch motivierte Ankündigungen von zukünftigen Rechtsmitteln (Gerichtsverfahren) sollten so kommuniziert werden, dass in der Gegenwart ein Anreiz und möglichst sogar ein intrinsisches Motiv für die Eigentümer:innen entsteht, früher von der Massentierhaltung abzulassen als es ohne diese Ankündigungen der Fall wäre. Dazu kann u.a. sozialpsychologische Forschung des Überzeugens und der Änderung von Einstellungen und Handlungen genutzt werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Ankündigung von zukünftigen Wahrheitskommissionen, in Anlehnung an das Vorbild der Aufarbeitung der Apartheid in Südafrika. Dort fielen bei glaubhaften Aussagen sämtliche rechtlichen Konsequenzen für frühere Vergehen weg und es wurde wohl auch Vergebung ausgesprochen. Spekulativ würde das im Fall der Massentierhaltung eine Veränderungsmotivation zur raschen Abschaffung fördern.

Ähnlich zu vielen Tierethiken scheint das deutsche Recht an vielen Stellen sogar jetzt schon pathozentrisch (das Leiden von welchem Lebewesen auch immer zählt) und nicht speziesistisch (nur Menschen zählen) vorzugehen, wenn es zum Beispiel sehr strenge Regeln an die Haltung von Haustieren anlegt oder die schmerzvolle Tötung von Wirbeltieren gänzlich verbietet. Es ist eine Straftat, auf der Straße beim Spazierengehen einen Frosch umzubringen. (…)

Recht unterliegt historischen Wandlungen. Das gilt auch für die Rechtsphilosophie als Grundlage der mit der Gesetzgebung verfolgten Prinzipien. Der amerikanische Bürgerkrieg 1861-1865 brachte mit dem Ende der Sklaverei (das aber nicht direkt der Grund für seinen Beginn war) einen Umbruch der Rechtsordnung, auch im Supreme Court. Die Argumente gegen die Befreiung („Dann wird Baumwolle zu teuer“) und die Einführung des Frauenwahlrechts („Unverantwortlich“) waren von der Denkweise her ähnlich wie heutige Vorbehalte gegen Tierrechte, auch wenn es um die Gleichheit innerhalb der Menschen ging. (…)

Die Tierethik als eine Grundlage des Rechts hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Für die Formulierung neuen Rechts zählt im Zweifel, was die Gesetzgeber*innen erreichen wollen, so lange es im Einklang mit Grundrechten ist. (…)

Weitreichender Schutz für u.a. „Nutztiere“ ist auch egoistisch wichtig, denn warum wird mein Mitmensch vor einem Angriff auf mich Halt machen, wenn ihm Lebewesen, von denen viele mindestens wie Säuglinge (also wie Menschen) leiden können, gleichgültig sind?

Quellen und Empfehlungen:
[1] Albert-Schweitzer-Stiftung (2020). Artikel zum Verbandsklagerecht (Abruf am 15.06.2020). https://albert-schweitzer-stiftung.de/themen/ verbandsklagerecht,
[2] Albert-Schweitzer-Stiftung (2020). Artikel zu Urteil zu Kastenständen. (Abruf am 15.06.2020). https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/ urteil-kastenstaende-rechtskraeftig
[3] Albert-Schweitzer-Stiftung (2020). Auflistung von Urteilen zur Tierhaltung (Abruf am 16.06.2020). https://albert-schweitzer-stiftung.de/?s=Urteil&submit=Suche
[4] Brecher, D.C., Ferencz, B. (2019, 25. August) Das Prinzip „Recht statt Krieg“. Deutschlandfunk. https://www.deutschlandfunk.de/das-prinzip-recht-statt-krieg-1-2-der-anklaeger.1184.de.html?Dram:article_id=453404
[5] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2019) Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren (Abruf am 15.06.2020) https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/haltung-saeugetiere.html
[6] Delforce, C.,Monson, S., Lynch, M., Jayne, L. (Produzenten), & Delforce, C. (Regisseur). (2018). Dominion [Film]. Aussie Farms. (Frei z.B. auf youtube.de verfügbar unter Altersnachweis.)
[7] Kockel, J., Hahn, O. (2017). Tierethik – der Comic zur Debatte. Wilhelm Fink.
[8] König, W. F. (2016). Juristische Methoden für Dummies. Wiley.
[9] LeDoux, J. (1995). Emotion: clues from the brain. Ann Rev Psychol 46: 209-235.
[10] Rittenau, N. (2018). Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung. Ventil.
[11] Strafgesetzbuch (57. Auflage 2019). Beck-Texte im dtv.
[12] Tierschutzgesetz (2019, abgerufen am 14.06.2020) www.gesetze-im-internet.de/TierschG
[13] Völkerstrafgesetzbuch (2017): In Strafgesetzbuch (2019). Beck-Texte im dtv.
[14] Wikipedia-Autoren (2020, 10. Juni). Völkerrecht (abgerufen am 15.06.2020).Wikipedia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?Title=V%C3%B6lkerrecht&oldid=200819228
[15] Paefgen, J., Raspé, C. (2019). Die Herausforderung der Rechtsdurchsetzung. In Diehl, E. & Tuider, J. (Hrsg., 2019) Haben Tiere Rechte? Bundeszentrale für politische Bildung, Buch frei als pdf auf bpb.de.
[16] Diehl, E. & Tuider, J. (Hrsg., 2019) Haben Tiere Rechte? Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung. Buch frei als pdf auf bpb.de